Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?
Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitszeiterfassung
21. Juni 2019 – Beitrag von
Aufgrund der Digitalisierung der Arbeitswelt können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Arbeitszeit und den Arbeitsort zunehmend immer flexibler gestalten. Neue Arbeitskonzepte wie „desksharing“, „mobiles Arbeiten“ und „Homeoffice“ ermöglichen es, dass leitende Angestellte sowie Arbeitnehmer nicht mehr ausschließlich im Büro von „nine to five“ arbeiten müssen.
Aufgrund der Digitalisierung der Arbeitswelt können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Arbeitszeit und den Arbeitsort zunehmend immer flexibler gestalten. Neue Arbeitskonzepte wie „desksharing“, „mobiles Arbeiten“ und „Homeoffice“ ermöglichen es, dass leitende Angestellte sowie Arbeitnehmer nicht mehr ausschließlich im Büro von „nine to five“ arbeiten müssen.
Dadurch hat auch die Vertrauensarbeitszeit an Bedeutung gewonnen. Denn bei der Vertrauensarbeitszeit kommt es maßgeblich auf die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Aufgaben an und nicht darauf, ob dies innerhalb der vertraglich festgelegten Arbeitszeit erfolgt. Dies hat den Vorteil, dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeit selbst und nach ihren eigenen Bedürfnissen gestalten können. Erfahrungsgemäß erfassen dabei meist weder die Arbeitgeber noch die Arbeitnehmer die erbrachte Arbeitszeit. Diese Vorgehensweise könnte aufgrund der neuen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (im Folgenden EuGH genannt) möglicherweise bald ein Ende haben.
Entscheidung des EuGH
Denn der EuGH entschied am 14. Mai 2019 (Az.: C-55/18), dass Arbeitgeber in der Europäischen Union entsprechend der Arbeitszeit- und Arbeitsschutzrichtlinie verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer zu erfassen. Das bedeutet, dass nicht nur die Überstunden, sondern die gesamte Dauer sowie der Beginn und das Ende der Arbeitszeit aufgezeichnet werden müssen. Begründet wird die Entscheidung insbesondere damit, dass andernfalls nicht festgestellt werden kann, ob die (Höchst-) Arbeitszeit sowie Ruhezeiten eingehalten werden.
Auswirkungen der Entscheidung des EuGH in Deutschland
Ganz neu ist die vom EuGH geforderte Arbeitszeiterfassungspflicht nicht. Gemäß § 17 MiLoG sind Arbeitgeber bereits zur Arbeitszeiterfassung für geringfügig Beschäftigte oder für Arbeitnehmer, die in einem der in § 2 a des SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereiche bzw. -zweige tätig sind, verpflichtet. Dies gilt aber nicht für andere Branchen oder im Bereich der Vertrauensarbeitszeit. Gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG muss der Arbeitgeber bisher grundsätzlich nur die über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzeichnen. Da der Arbeitgeber entsprechend der neuen Rechtsprechung des EuGH die Arbeitszeit aber insgesamt erfassen soll, wäre § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG nun europarechtswidrig. Es bleibt abzuwarten, wie Gesetzgeber und Rechtsprechung die Entscheidung in Zukunft umsetzen. In Betracht kommt § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG entweder europarechtskonform auszulegen oder eine neue gesetzliche Regelung zu schaffen. Bis zu einer abschließenden Klärung bestehen zunächst keine unmittelbaren Handlungspflichten für Arbeitgeber. Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Arbeitgeber aber zukünftig nicht nur Überstunden, sondern auch die Dauer sowie den Beginn und das Ende der Arbeitszeit selbst erfassen oder durch den jeweiligen Beschäftigten erfassen lassen. Dies gilt auch bei vereinbarter Vertrauensarbeitszeit.