Chefarztverträge: Eigener Chef oder fremdbestimmt?
Der Chefarztvertrag regelt einerseits das Wirtschaftlichkeitsgebot, das der Chefarzt zu beachten hat. Andererseits bekommen Chefärzte immer mehr Pflichten aufgebürdet. Deshalb ist es ratsam, von den konventionellen Regelungen zur personellen und wirtschaftlichen Ausstattung der Abteilung abzuweichen und Chefarztverträge so zu gestalten, dass sie den Chefarzt entlasten.
Zwischen Patientenwohl und Wirtschaftlichkeit
Der Chefarztvertrag ist kein Arbeitsvertrag wie jeder andere, denn der Chefarzt hat als verantwortlicher Leiter einer Fachabteilung der Klinik nicht nur besondere Verantwortung. Er unterliegt auch besonderen organisatorischen und wirtschaftlichen Zwängen. Dokumentationspflichten, Entscheidungen der Wirtschaftlichkeit, Planungsvorgänge und ähnliches bestimmen neben der Medizin seinen Alltag. Der Chefarzt ist heute eher fremdbestimmt als Chef im Haus. Er wird durch den Vertrag dazu verpflichtet, die zur Verfügung stehenden Mittel sparsam zu verwenden, noch bevor auf seine Dienstaufgaben im Vertrag hingewiesen wird. Das hat den Effekt, dass betriebswirtschaftliche Überlegungen ärztliches Handeln bestimmen. Da es um Menschen geht, sind so der ethische Konflikt und ein Mangel an Kalkulierbarkeit vorprogrammiert.
Chefarztverträge orientieren sich häufig am Musterformular der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Dieses Muster sieht keineswegs immer die günstigsten und sinnvollsten Regelungen für den Chefarzt vor. Es ist sogar eher im Interesse der Kliniken formuliert. Vor allem fehlen meist Regelungen, die den Chefarzt vor den Risiken seiner besonderen Stellung und Verantwortung absichern und ihm gleichzeitig eine wirtschaftlich sinnvolle und
dennoch patientengerechte Führung seiner Abteilung ermöglichen. Zudem sind die vom Krankenhaus regelmäßig vorgegebenen Entwicklungsklauseln mehr Fluch als Segen für den Chefarzt. Der angehende Chefarzt sollte sich nicht auf diese Musterverträge verlassen. Wichtig für ihn ist, dass seine rechtliche Position von vornherein durch einen seine Ansprüche und seine Risikoabsicherung gewährleistenden Vertrag gesichert wird. Der aktuelle Ärztemangel stärkt dabei die Verhandlungsposition des Chefarztes.
Empfehlungen für Verhandlungen von Chefarzt-Verträgen
Wollen Sie den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Patientenwohl in der chefärztlichen Arbeit auf ein Minimum reduzieren, achten Sie darauf, dass Ihr Vertrag folgende Kriterien erfüllt:
- Regelung der personellen Besetzung der Abteilung(Personalstärke und Qualifikation)
- Festsetzung eines abteilungsbezogenen Budgets für Personal
- Festlegung der möglichen Einflussnahme auf Personalentscheidungen und -rekrutierung (z. B. Möglichkeit der Einstellung von Honorarärzten, Maßnahmenkatalog bei Nicht-Besetzung von Stellen etc.)
- Liquidationsrecht des Chefarztes für wahlärztliche Behandlungen, Nebentätigkeitserlaubnis
- Gewährleistung regelmäßiger Schulungen für Chefarzt und Personal (z. B. bzgl. Dokumentationspflichten, Abrechnungsfragen, juristischer Belange etc.).
Chefarzt versus Verwaltung: Juristische Probleme in der ärztlichen Karriere
Erfahrungen von Professor Dr. Hartung, Mandant:
„Als junger Oberarzt legte man mir plötzlich einen Chefarztvertrag vor. Ich war stolz und habe ihn blind unterschrieben. Heute würde ich das nicht mehr machen. Ich weiß jetzt, dass ein Chefarzt bei der Prüfung seiner Verträge Hilfe benötigt. Chefarztverträge bedeuten nicht selten Ärger, denn als Chefarzt ist man vom ersten Tag in Konflikt mit der Verwaltung. Leider sind Verwaltungen immer mächtiger als Chefärzte und schwächen diese kontinuierlich. Ich meine hier nicht eine persönliche Feindschaft, aber ich brauchte ständig Unterstützung, um meine Position als Chefarzt zu wahren. Ich war dann viele Jahre ärztlicher Direktor meines Krankenhauses. In diese Rolle bin ich „hineingestolpert“ – man hatte mich darum gebeten. Juristische Fragen mussten geklärt, betriebswirtschaftliche Vorgaben erfüllt werden. Aneignen musste ich mir alles selbst, dabei hätte ich mir auch hier Unterstützung gewünscht. Genauso hätte ich mir mehr Aufklärung und Information vor dem Unterschreiben meines Chefarztvertrages gewünscht. Man muss als Chefarzt seine eigenen Interessen gegenüber der Krankenhausverwaltung wahren. Die potentiellen Risiken für Chefärzte können nicht nur Karrieren beeinträchtigen, sondern auch die Freude am Beruf erheblich beeinträchtigen.“